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Im Wald

Vielleicht sind Sie auch schon darüber gestolpert, dass ich in meinen Texten Bedürfnisse – Menschen, denen dieser Begriff zu gefühlig ist, dürfen gerne auch „Interessen“ sagen – als so wichtig für die Entwicklung von Lösungen, haltbaren Planungen und Vereinbarungen betrachte. Haben Sie Lust auf eine kleine Übung, die Ihnen Ihre Bedürfnisse oder Interessen näher bringt? Hier ist meine „Waldübung“. Ich setze sie in Coachings oder auch Fortbildungen zu Kommunikationsthemen ein. Sie ist ganz einfach. Legen Sie einige Zettel und einen Stift bereit. Setzen Sie sich dann konzentriert hin und versetzen Sie sich in folgende Situation:

Sie sind früh eingeschlafen. Es ist noch hell. Plötzlich erwachen Sie und stellen fest, dass Sie tief in einem Ihnen unbekannten Wald liegen. In Ihrem Nachthemdchen und sonst nichts. Ein Weg ist nicht zu erkennen. Sie frösteln. Es dämmert und beginnt, leicht zu nieseln. Ihr Mund ist trocken und ihr Bauch grummelt. Tief im Wald knackt es. Einmal. Zweimal.

Die gute Nachricht: Sie können zaubern! Alles, außer „sich-weg-aus-dem-Wald“. Notieren Sie nun, was Sie sich herbeizaubern, ohne lange zu überlegen. Ein Begriff pro Zettel.

Legen Sie die Zettel in der Reihenfolge ihrer Entstehung vor sich hin. Verändern Sie die Reihenfolge nur, wenn Ihnen ein Begriff „siedend heiß“ verspätet eingefallen ist.

Wenn Sie die Situation für sich optimal gestaltet haben, überlegen Sie sich bitte zu jedem Begriff, welches tiefere Interesse sich hinter dem Herbeigezauberten verbirgt. Sicherheit? Orientierung? Gesellschaft? Die Befriedigung von körperlichen Grundbedürfnissen wie Nahrung oder Schutz vor der Witterung? Selbstbestimmung? Notieren Sie diese tieferen Bedürfnisse neben Ihren Karten.

Welches Bedürfnis kommt besonders häufig vor? Woher kennen Sie dieses Bedürfnis noch? Vermutlich befinden Sie sich nicht allzu häufig überraschend im Wald. In anderen Situationen haben Sie möglicherweise andere Prioritäten. Gehen Sie aber ruhig davon aus, dass die „Wald“-Bedürfnisse welche sind, deren Befriedigung Ihnen auch im „wirklichen“ Leben gut tut.

Fällt es Ihnen schwer, einem Interesse auf den Grund zu gehen? Marshall P. Rosenberg hat eine ziemlich umfangreiche Liste mit aus seiner Sicht „echten“ menschlichen Bedürfnissen erstellt. Sie finden Sie in seinem Buch „Gewaltfreie Kommunikation“ (siehe Literaturliste). Oder schauen Sie wieder hier vorbei! Ich habe vor, demnächst die Skala zu veröffentlichen, die ich auf der Basis der Rosenberg-Bedürfnisse gestaltet habe. Mit ihrer Hilfe können Sie sich an den zweiten Teil der „Waldübung“ machen.

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